Frauen in Führungspositionen
In leitenden Positionen sind Frauen auch heute noch unterrepräsentiert, und doch gibt es immer wieder auffällig starke weibliche Führungspersönlichkeiten. Dazu gehören erfolgreiche Managerinnen wie Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg, Marissa Mayer als CEO von Yahoo oder die englische Premierministerin Theresa May.
Politikerinnen vom Schlage Theresa Mays, die als englische Premierministerin aktuell den Brexit über die Bühne bringt, stehen der Männerwelt in nichts nach. Was genau macht diese Frauen aus?
Noch immer ist die Ansicht weit verbreitet, dass es in einem von einer Frau geführten Unternehmen sozialer zugeht, dass die Führung sich weicher und nachgiebiger gestaltet. Doch laut welt.de legen neueste Studien nahe, dass Frauen, die sich bis nach oben gekämpft haben, sehr ähnliche Eigenschaften aufweisen wie Männer an selber Position.
Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Damen sich in der Unternehmerwelt »männlicher« Mittel bedienen müssen, um siegreich zu sein – oder zumindest der Art von Mitteln, die allgemein als männlich definiert werden. Selbstbewusstsein und eine gewisse Grundaggressivität bilden auf jeden Fall die Basis, um in einer größeren Firma oder auch in der Politik bis ganz nach oben zu gelangen. Hinzu kommt ein ergebnisorientiertes Arbeiten mit einer guten Portion Risikobereitschaft; also eher keine emotionale Vorgehensweise, die mit den Kollegen auf Kuschelkurs geht.
»Die Anforderungen an Männer und Frauen unterscheiden sich nicht.« – so ein Zitat von Helga Jung als Vorstandsmitglied der Allianz. Die »typischen Waffen der Frau« scheinen im Konkurrenzkampf um geschäftliche Führungspositionen eher nicht gefragt. Soziale Kompetenzen sind ohnehin auf beide Geschlechter verteilt, sie stellen kein Privileg der Damenwelt dar. Es gibt zahlreiche Frauen, die das weite Feld der Mitarbeitermotivation erst noch für sich erobern müssen, ebenso wie es einigen Männern ganz von selbst im Blut liegt, auch im sozialen Sinne die Führungsrolle zu übernehmen. Manche Frau muss bei schmerzenden Personalentscheidungen erst einmal den Rücken straffen und kräftig schlucken – aber gibt es nicht auch Männer, denen es ebenso ergeht?
Die Betriebskultur ändert sich anders als erwartet: sie wird härter – so auch hier das Ergebnis einer Untersuchung. Laut besagter Studie ändert sich die Betriebskultur trotzdem, wenn Frauen vermehrt auf Führungspositionen zu finden sind, aber auf ganz andere Weise als erwartet: Die Frauen verhärten sich ebenso wie die Männer, wenn sie in geschlechtsgemischten Führungsteams zusammenarbeiten. Umso höher der Frauenanteil, desto mehr verwischen die Geschlechterunterschiede; die weiblichen Leiter konzentrieren sich verschärft auf ihre Karriere, die sozialen Beziehungen untereinander kühlen ab. Das führt zu einer stärkeren Erfolgsfokussierung – und beflügelt das Geschäft in Zeiten harter Marktkonkurrenz.
Doch wie sieht es in der Politik aus? Die Augen Europas richten sich aktuell auf die bereits erwähnte Premierministerin Theresa May, die allgemein als wenig emotionale Pragmatikerin bekannt ist. In ihrer vorherigen Position als Leiterin des Innenresorts bewies sie vor allem eines: großes Durchhaltevermögen, das bei den zähen Brexit-Verhandlungen ebenfalls absolut gefragt ist. Ihre kühle Sachbezogenheit lässt sich durchaus mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel vergleichen, wenn sich die politischen Positionen auch an einigen Stellen gravierend unterscheiden. Diese Unnahbarkeit wurde bereits der »Eisernen Lady«, Margaret Thatcher, nachgesagt; ebenso lässt sich dieser Charakterzug bei Hillary Clinton feststellen. Benötigen Frauen in politischen Machtpositionen folglich eine extra-harte Schale? Vielleicht fällt sie bei ihnen auch einfach mehr auf.
Katniss Everdeen aus „Die Tribute von Panem“ als Symbolfigur
Katniss Everdeen gilt für manche als Symbolfigur der modernen Frau in Führungsposition. Die Welt der Fantasie spiegelt die realen Verhältnisse auf ganz eigene Weise wieder, auch starke Frauen in Filmen und Büchern geben sich nach außen oft einen Anschein der Unverletzbarkeit. Doch die Geschichten gewähren uns einen Blick hinter die Kulissen, den wir weder bei Theresa May noch bei Sheryl Sandberg genießen dürfen. Als anschauliches Beispiel kann uns Katniss Everdeen aus der Trilogie »Die Tribute von Panem« dienen: Aufgewachsen in einer düsteren Zukunftswelt, muss die gerade 16-jährige in einer brutalen Fernsehshow nicht nur um ihr eigenes Leben kämpfen, sondern auch um das Leben derer, die sie liebt. Schließlich avanciert sie ungewollt zur Symbolfigur einer groß angelegten Revolution und steht in vorderste Front, um das alte Unterdrückungssystem zu stürzen.
Katniss ist von Natur aus eine zähe Persönlichkeit – und auch wenn der Druck immer stärker auf ihr lastet, verliert sie im entscheidenden Moment nie die Nerven. Doch auch sie ist verletzbar, kann durchaus weinen, sogar zusammenbrechen, aber sie steht immer wieder auf. Spätestens, wenn wieder einmal alle Kameras auf sie gerichtet sind, wird ihre Miene undurchdringlich und in Verhandlungen mit dem grausamen Präsidenten Snow weicht sie keinen Schritt zurück.
Das Rotkäppchen aus den Märchen erlegt heute den Wolf selbst und wird so zum Sinnbild eines veränderten Frauenbilds in der Gesellschaft. Das traditionelle Märchen vom Rotkäppchen, dessen Motive auch im digitalen Zeitalter immer wieder Verwendung finden, hat sich damit umgekehrt: Das kleine Mädchen als Protagonistin wird nicht mehr vom Wolf gefressen und muss dann von einem Mann, dem Jäger, befreit werden. Nein, heutzutage erlegt es den Wolf selbst! Damit ist das neue Rotkäppchen aber noch längst nicht völlig gefühlsbefreit, ganz im Gegenteil, es wird sicher gut achtgeben, nicht der Großmutter zu schaden, die sich schließlich im Bauch des gefräßigen Raubtieres befindet. Vielleicht hätte das Mädchen, das sich immerhin ganz allein in den Wald wagte, auch schon früher den Wolf töten können, wäre es nur mit etwas mehr Selbstvertrauen und entsprechenden weiblichen Vorbildern in grüner Jägerstracht aufgewachsen.
Ein Blick ins Herz der kämpferischen Heldinnen bietet hier auch die Geschichte. Berühmte Persönlichkeiten wie Kleopatra sind auch heute noch sagenumwoben. Mehr noch: sie prägen noch immer unsere Gesellschaft durch Einflüsse in Büchern, Hollywood-Blockbustern oder sogar digitalen Freizeitbeschäftigungen mit Nervenkitzel. Dabei ist es zwar häufig nur das grundlegende Setting, aber auch der Charakter selbst wird immer wieder aufgegriffen. Auch in Videogames tauchen starke historische Frauen wie Kleopatra verstärkt auf und untermauern so ihre Rolle für die Gesellschaft.
Bleiben wir noch ein Weilchen bei den modernen Heldinnen, die uns auf der Kinoleinwand oder Konsole einen Blick ins Herz kämpferischer Frauen gewähren. Auch Lara Croft aus Tomb Raider stellt so eine moderne Identifikationsfigur dar, geprägt durch den frühen Verlust ihrer Eltern, aber ebenso entschlossen und clever. Wenn ihre Freunde in Gefahr geraten, dann schert sie sich nicht mehr um die eigene Sicherheit, sondern sie folgt einer inneren Moral, die sie ganz automatisch sympathisch macht. Auch hier birgt die nach außen sichtbare harte Schale einen weichen Kern, der sogar Laras ureigenen Antrieb darstellt. Denn den Kampf nimmt nur auf, wer einen echten Grund dafür hat: ein Ideal, dem es zu folgen; eine Bedrohung, der es zu trotzen gilt. Wer es bis ganz nach oben schafft, ob Mann oder Frau, der hatte auch einen wichtigen Grund, diesen harten Weg zu gehen. Denn ohne Führungsposition lässt es sich zumeist viel gemütlicher leben.
Frauen keine Exoten in Führungspositionen
Zum Glück sind Frauen in gesellschaftlichen Machtpositionen heute keine Exoten mehr, dank der bekannten Gesichter im Internet-Business, im Fernsehen und der Politik. Sie werden nicht mehr darauf festgelegt, sich um zwischenmenschliche Probleme kümmern zu müssen, während die Männer knallhart das Geschäftliche durchboxen. Nein, sie dürfen sein, wer und was sie sind: ebenbürtige Persönlichkeiten mit eigenen Charakterzügen, die sich entsprechend ihrer individuellen Talente einbringen dürfen – und sollen.
Im letzten Jahr stellte so ein Forscherteam der Beratungsfirma Russell Reynolds Associates fest, dass ab 26 % Frauenanteil eine optimale Zusammensetzung in Führungsgremien gegeben ist. Ab diesem Punkt arbeiten Männer wie Frauen in gleichem Maße wettbewerbsorientiert und zeigen auch keinen signifikanten Unterschied mehr in Sachen Entscheidungsfähigkeit, Angstlosigkeit und Risikobereitschaft. Dieses Ergebnis zeigt allerdings auch, dass die Finanzkrise 2008 mit den Lehman Sisters statt der Lehman Brothers höchstwahrscheinlich nicht positiver verlaufen wäre: Wenn die Geschlechter sich ab einem bestimmten Durchmischungsgrad ohnehin sehr ähnlich verhalten, dann lässt sich der Verlauf der Geschichte auch mit weiblichen Protagonisten kaum ändern.
Eines erscheint jedenfalls sicher: Frauen müssen nicht speziell betreut und geschult werden, um Führungspositionen einzunehmen – ein gewisser Prozentsatz ist ebenso wie bei den Männern von Natur aus dazu befähigt. Die Gesellschaft ist auf dem richtigen Weg, ihnen das Selbstvertrauen zu vermitteln, ihr Talent auch wirklich auszuleben. Vorbilder genug gibt es bereits, darum dürfen wir für die Zukunft erwarten, dass noch mehr Frauen den Weg nach vorn wagen und ihr Ziel glänzend erreichen.
Foto/Thumbnail: ©VitalikRadko/Depositphotos.com
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