„Wir arbeiten täglich daran, die Kundenbeziehung inhaltlich und wirtschaftlich zu verbessern“
Die Spezialisierung im E-Commerce gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es ist wichtig, in diesem Bereich eine Nische abzudecken. Diese sollte so interessant sein, dass sie gegenüber Wettbewerbern existieren kann. Vor allem im Mode-, Food- und Möbelbereich ist der Onlinemarkt hart umkämpft. Hier sind Expertenwissen und Differenzierungsmerkmale gefragt.
Im Gespräch mit Sophie-Cécile Wickmann von Rebelle aus Hamburg über die Gründung ihres Online-Shops, die Herausforderungen und wie wichtig Datenanalyse ist, um Kunden zu binden.
Onpulson: Frau Wickmann, Sie sind bereits seit mehr als drei Jahren mit Ihrem Online-Shop rebelle.com aktiv. Erklären Sie unseren Lesern, was Ihr Unternehmen genau macht?
Sophie-Cécile Wickmann: Wir haben 2013 REBELLE, den Online-Marktplatz für Second Hand Designermode gegrüdnet. Die Plattform ist eine Schnittstelle für Kundinnen, die Vintage-Designer-Kleidung, -Taschen, -Schuhe und -Accessoires kaufen oder verkaufen. REBELLE übernimmt dabei den gesamten Verkaufsservice, vom Erstellen professioneller Beschreibungen und Produkt-Fotos bis hin zum Versand. Das Brand-Team von REBELLE prüft zudem jedes Produkt auf Zustand und Echtheit. Unser Unternehmen hat seinen Sitz mit über 80 Mitarbeitern in der historischen Hamburger Speicherstadt. Wir bieten über 600 Designermarken auf rebelle.com an und versenden Pakete nach ganz Europa.
Onpulson: Wer und wie stellen Sie Ihr Designer-Angebot zusammen? Gehen Sie auf Modeschauen?
Sophie-Cécile Wickmann: Als Online Plattform für Vintage-Designermode besuchen wir keine Modenschauen und sind auch nicht nur an aktuelle Trends gebunden. All unsere angebotenen Artikel werden von privaten Personen oder gar Second Hand Boutiquen auf unserer Seite angeboten. Was wir hierbei natürlich sicherstellen ist , dass die angebotenen Marken in unser Portfolio von High-End Designern passen, und – als wichtigstes Kriterium – die Ware echt ist und eine noch gut erhaltenen Zustand aufweist.
Onpulson: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Online-Plattform für hochwertige Luxusartikel zu gründen?
Sophie-Cécile Wickmann: Als ich zum Studieren nach London gezogen bin, habe ich viele meiner Designerteile bei meinen Eltern in Berlin gelassen. Nach meinem Umzug nach Hamburg habe ich mich irgendwann nach einer guten und vor Allem zeitsparenden Verkaufsmöglichkeit für meine aussortierten Kleidungsstücke umgesehen und dabei wenig passende Möglichkeiten gefunden. Im Nachhinein aber eine glücklich Fügung, denn hätte es einen solchen Service gegeben, welcher es erlaubt hätte, einfach und für einen guten Preis meine Designerstücke zu verkaufen und den gesamten Logistikprozess dabei übernimmt, dann hätte ich ihn sofort selbst genutzt und REBELLE wohl nie gegründet.
Onpulson: Wie setzte sich Ihr Gründer-Team zusammen? Welche speziellen Skills haben die jeweiligen Gründer mitgebracht?
Sophie-Cécile Wickmann: Wir haben REBELLE zu zweit gegründet. Mein Geschäftspartner Max kümmert sich bei REBELLE um alles, was die Logistik und die Waren-Prozesse anbelangt, während ich für das Produkt und das Marketing zuständig bin. Max und ich haben uns eher zufällig kennengelernt und festgestellt, dass wir sehr komplementäre Fähigkeiten haben. Das hat sich auch in der Praxis gut bewährt.
Onpulson: Sie haben mit Sicherheit die eine oder andere unternehmerische Höhe und Tiefe erlebt. Was waren auf dem Weg zu einem erfolgreichen E-Commerce-Player Ihre größten Herausforderungen?
Sophie-Cécile Wickmann: Die größten täglichen Herausforderungen waren und sind für uns auch wohl bis heute die saubere Internationalisierung unseres Services in allen Bereichen, sowie die optimale Nutzung und Analyse unsere bestehenden Daten. Darauf haben wir seit Beginn großen Wert gelegt und sind für unser noch relativ junges Unternehmensstadium gut aufgestellt. Allerdings ergeben sich mit zunehmenden Daten auch immer neue Möglichkeiten und damit neue Herausforderungen. Wir haben schnell verstanden, wie wertvoll unsere bestehenden Kunden für unser Geschäft sind und arbeiten täglich daran, die Kundenbeziehung inhaltlich und wirtschaftlich zu verbessern.
Onpulson: Was ist aus aktueller Sicht betrachtet Ihr größter Erfolg im E-Commerce gewesen und warum?
Sophie-Cécile Wickmann: Der größte Erfolg war wohl wirklich die Entscheidung, eine eigene Logistik-Software für den sehr speziellen Prozess zu entwickeln. Nur so konnten wir unsere Service, der viele „Veredelungsprozesse“ und damit einen komplexen Wertschöpfungs-Prozess abbildet, online schnell skalieren und sind dabei trotzdem nie einem logistischem Chaos gelandet.
Onpulson: Stellen Sie sich vor, Ihnen steht ein Werbebudget von 100.000 Euro zur Verfügung. Wie würden Sie damit Ihren Marketing-Mix gestalten?
Sophie-Cécile Wickmann: Wir würden versuchen, den gesamten Marketingfunnel abzudecken. Da wir eine Online-Plattform sind, konzentrieren wir uns logischerweise zunächst ausschließlich auf Online- Marketing Kanäle. Unser Online-Marketing Mix besteht primär aus Display Prospecting, Google Adwords und Retargeting Ads.
Onpulson: Für welches Shop-System haben Sie sich entschieden und warum?
Sophie-Cécile Wickmann: Wir haben uns dafür entschieden, das ganze Shop-System, oder in unserem Fall besser gesagt den REBELLE-Online Marktplatz, von Grund auf selbst zu entwickeln und nicht auf ein fertiges Shop-System zurückzugreifen. Das war rückblickend zwar nicht immer ganz einfach, aber auf jeden Fall der richtige Weg. Wir sind so bis heute maximal flexibel und können den sehr speziellen Service mit verschiedenen Verkaufsprozessen und einer B2B-Anbindung gut abbilden.
Onpulson: Was sind aus Ihrer Perspektive aktuell die drei größten Trends im E-Commerce?
Sophie-Cécile Wickmann: Für uns als Marktplatz mit Einzelstücken, ist es besonders wichtig, in Zukunft ein sehr stark personalisiertes Einkaufserlebnis anzubieten. Wir sehen den starken Trend der Personalisierung im Jungle des großen E-Commerce Angebots aber grundsätzlich auch als starken und wichtigen Trend bei anderen großen Playern.
Die großen Akquisekanäle, Google und Facebook, sind in den letzten Jahren immer teurer geworden. Besonders im Fashionbereich gibt es sehr starken Wettbewerb. Aus diesem Grund ist es für uns besonders wichtig, die eigenen Daten noch besser für effieziente und wesentlich günstigere CRM Maßnahmen zu nutzen. Der rasante Anstieg des Mobile-Traffics ist zwar kein Trend mehr, für viele Onliner aber noch eine Herausforderung diesen auch maximal zu monetarisieren bzw. sinnvoll zu nutzen. Besonders bei hochpreisigen Artikeln, wie wir sie Anbieten, scheint der Desktop vorerst noch die erste Wahl beim Onlineshopping.
Onpulson: Was ist Ihr Erfolgsrezept, was würden Sie anderen Unternehmen empfehlen, die Ihre ersten Schritte im E-Commerce wagen?
Sophie-Cécile Wickmann: Der E-Commerce- Markt hat sich in den letzten Jahren stark professionalisiert. Garagen-Start-ups gibt es in diesem Bereich kaum noch. Die großen Themen wir Mode, Food, Möbel etc. sind alle stark besetz und sehr wettbewerbsintensiv.
Es ist aus meiner Sicht wirklich wichtig, sich bei zwei Themen absolut sicher zu sein:
- Man muss sich ehrlich fragen: Habe ich eine interessante Nische gefunden, in der ich gegen den existierenden Wettbewerb bestehen kann? Das funktioniert in aller Regel nur, wenn ich spezialisiert bin und mich wirklich gut auskenne. Und selbst in diesem Fall sind die Markt-Eintrittsbarrieren oft so niedrig, dass jemand mit mehr Geld dann einfach doch die besseren Chancen hat. Wichtig kann also oft auch einfach ausreichend Zugang zu Kapital sein.
- Desto mehr Wettbewerb es gibt, umso wichtiger ist es, ein klares Differenzierungsmerkmal sowie gesunde Margen zu haben, die es mir erlauben, auch mal mehr Geld für meine User auszugeben, wenn es die Marktsituation erfordert.
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