Mit dem richtigen Augentraining fit durch den Büroalltag
Entspannte Augen

Mit dem richtigen Augentraining fit durch den Büroalltag

Barbara Brugger
Am

Bereits 2008 litten fast 40 Prozent der Beschäftigten am Bildschirmarbeitsplatz unter Sehbeschwerden wie müden, trockenen und brennenden Augen – für viele ist Augentraining daher unumgänglich. Die Entwicklung hin zum papierlosen Büro bringt es mit sich, dass in vielen Büros 90 bis 95 Prozent der Aufgaben am Computer bewältigt werden.

Auge mit langen Wimpern

Bei der Bildschirmarbeit ist das Augentraining sehr effizient, wenn es über den Tag verteilt mehrmals angewendet wird. Foto: ©Subbotina/Depositphoto.com

Der Blick löst sich während der Tätigkeit kaum noch vom Monitor. Aufstehen und sich vom Arbeitsplatz weg bewegen findet fast nur in den spärlichen Pausen statt. Von den Teilnehmern in den Schulungen für betriebliches Sehtraining, die in einigen Firmen gehalten werden, gibt nur vereinzelt jemand an, keine visuellen Ermüdungserscheinungen festzustellen. Durchschnittlich liegen die Sehbeschwerden bei 2,5 pro Person, wobei Kopfschmerzen in die Befragung mit einbezogen werden. Sie sind eine häufige Folge von überanstrengten Augen.

Das Gespür für das eigene Befinden schwindet

Wie oft versinkt man vor dem Computer stundenlang im Arbeitsprozess und bemerkt dann plötzlich – als Beispiel -, dass es draußen längst dunkel ist? Die Bildschirmtätigkeit absorbiert die Aufmerksamkeit dermaßen stark, dass das Gespür für den eigenen Körper in den Hintergrund tritt. Wenn die Arbeit endlich abgeschlossen ist oder der Feierabend gekommen, sind die Glieder steif, der Nacken verspannt und vielleicht auch der Blick verschleiert. Die Nachwirkungen der Anstrengung bekommt man auch in der Freizeit zu spüren. Viele Büroangestellte fühlen sich abends abgeschlagen. Sie haben kaum noch Energie, um etwas zu unternehmen, ein Hobby zu pflegen oder die Augen sind zu müde, um ein Buch zu lesen. Und das – so möchte man meinen -, obwohl man den Tag „nur im Büro“ verbracht hat.

Müde Augen fordern das Gehirn heraus

Etwas 90 Prozent der visuellen Wahrnehmung wird vom Gehirn geleistet – ist folglich eine mentale Aktivität. Die Augen liefern den Input dafür in Form von Nervenimpulsen. Je höher die Informationsdichte ist, die im Gehirn ankommt, desto müheloser werden optische Bilder erzeugt. Ermüden die Augen durch das monotone Starren auf den Computerbildschirm, übermitteln sie eine geringere Informationsdichte. Das Gehirn muss mit weniger Reizen auskommen. Dieses wiederum verfügt über eine enorme Kapazität solche Informationsmängel auszugleichen und aus dem vorhandenen Input sinnvolle Bilder zu entwickeln.

Je müder die Augen sind, desto anstrengender wird dieser mentale Prozess. Der Kraftaufwand für die visuelle Leistung steigt. Zu der Augenbelastung gesellt sich eine mentale Ermüdung. Kein Wunder, wenn das heimische Sofa zum Feierabend eine magische Anziehungskraft entwickelt, der man nur schwer entkommt. Nach einem Tag vor dem Computer fehlt oft einfach die Energie für andere Unternehmungen.

Augentraining ist erholsam

Ein junger Praktikant berichtet eine Woche nach dem Augentraining, dass seine Schlafstörungen verschwunden sind. Eine tägliche Entspannungsübung für die Augen hat dafür ausgereicht. Eine Teilnehmerin erzählt, dass sie am Computer nun wieder ohne Gleitsichtbrille auskommt und nur noch ihre Brille für ihre Kurzsichtigkeit benötigt.

Wer weiß, dass mit dem Gebrauch von Gleitsichtbrillen bei der Bildschirmarbeit vielfach chronische Schulter-Nacken-Verspannungen einher gehen, versteht, das dies nicht nur eine visuelle Erleichterung darstellt. Bei einem anderen Teilnehmer brennen die Augen bis zum Abend nicht mehr, seit er dreimal am Tag zwei Minuten für die Augenübungen aufwendet.

Solche und ähnliche Rückmeldungen bekommt man inden Schulungen für Augentraining. Mit dem Augentraining erholen sich die Augen schnell von der Anstrengung am Bildschirm. Ein Aspekt, der sich auch für den Arbeitgeber rechnen: Denn wer sich bei der Arbeit weniger anstrengt und sich in der Freizeit ausreichend erholt, ist leistungsfähiger und belastbarer.

Sieben Tipps für entspannte Augen im Büro

  1.  Schauen Sie häufig aus dem Fenster: Beim Blick auf den Computerbildschirm stellt sich das Auge auf Nahsicht ein. Dazu spannt sich ein Muskel im Augeninneren an. Erst wenn der Blick in die Ferne schweift, entspannt sich dieser Muskel und das Auge erholt sich.
  2. Gähnen hilft bei trockenen Augen: Durch den fokussierten Blick zum Monitor reduziert sich der Lidschlag auf etwa ein Drittel der üblichen Lidschlagfrequenz. Die Hornhaut wird weniger befeuchtet und die Augen werden schneller trocken. Herzhaftes Gähnen stimuliert die Produktion der Tränenflüssigkeit und macht die Augen wieder angenehm feucht.
  3. Regelmäßig bewegen: Stehen Sie spätestens nach einer Stunde auf und gehen ein paar Minuten. Sie regen damit den Kreislauf und die Durchblutung in den Augen an. Die Netzhaut verbraucht beim Blick auf den leuchtenden Monitor ein Menge Nährstoffe und Sauerstoff. Bewegung sorgt für ausreichend Nachschub.
  4. Entspannen Sie regelmäßig verspannte Schultern und den Nacken: Hier befindet sich das Nadelöhr für die Blutzirkulation zu den Augen. Durch massieren oder bewegen der Schulter-Nacken-Partie helfen Sie dabei, dass die 7 Liter Blut, die im Idealfall je Stunde zu den Augen fliessen sollten, auch wirklich dort ankommen.
  5. Bewegen Sie die Augen häufig in alle Richtungen: Stellen Sie sich beispielsweise ein fliegendes Objekt oder Tier vor – ein IFO – d.h. ein imaginäres Flugobjekt. Lassen Sie das IFO in Ihrer Vorstellung im Büro herum fliegen und verfolgen es mit den Augen. Es fliegt mal schnell, mal langsam, mal hoch, mal tief.
  6. Vermeiden Sie bei der Bildschirmarbeit jegliche Form von Blendung oder Reflexion: Wenn Sie durch Tageslicht geblendet werden, müssen sich die Fenster abgedunkelt lassen. Ist die Beleuchtung Ursache für die Blendung, sollten der Schreibtisch oder die Lampen versetzt werden. Wenn beides nicht möglich ist, schaffen blendfreie Bürostehlampen Abhilfe.
  7. Vermeiden Sie es im Dunkeln an einem Monitor zu arbeiten: Der starke Kontrast zwischen leuchtendem Bildschirm und einer dunklen Umgebung belastet die Augen ungemein. Wenn der Blick auf einen leuchtenden Monitor gerichtet ist, brauchen die Augen eine ausreichende Umgebungshelligkeit (lt. Arbeitsmedizin mindestens 300 Lux Raumhelligkeit und 500 Lux auf der Arbeitsfläche). Für die Augen ist es auch anstrengend, im Dunkeln auf den Display eines Mobiltelefons zu schauen.

Augentraining lohnt sich

Eine gute Sehkraft ist durch nichts zu ersetzen. Das umfangreiche Angebot an Brillen, Kontaktlinsen, Gleitsichtgläsern und Augenoperationen mag den Eindruck erwecken, dass sich geschädigte Augen wieder reparieren oder eine mangelnde Sehkraft ausgleichen lassen. Doch das ist nur bedingt der Fall. Eine Brille bei geringer Kurzsichtigkeit mag noch komfortabel sein. Sobald die erste Lesebrille erforderlich ist, fühlen sich viele Menschen geplagt. Nicht wenige statten sich mit einer Sammlung von Lesebrillen aus, um sie an strategischen Stellen im Büro, zuhause oder im Auto zu platzieren und bei Bedarf zur Hand zu haben.

Die Kenntnis über die Wirksamkeit und den Nutzen von Augenübungen verbreitet sich zunehmend. Augenübungen zur Entspannung bei der Bildschirmarbeit halten Einzug in die Arbeitssicherheit, werden von Krankenkassen und Berufsgenossenschaften empfohlen und in Fachzeitschriften beschrieben. Im Bereich der Prävention und Selbsthilfe sind sie unerlässlich, um das visuelle Wohlbefinden, eine anhaltende Konzentrationsfähigkeit und ein gute Sehkraft zu erhalten. Wer das Augentraining ausprobiert, erlebt oft bereits nach den ersten Übungen selbst die erholsame Wirkung.

Die Augengesundheit fördern

Bei der Bildschirmarbeit ist das Augentraining besonders wirkungsvoll, wenn es über den Tag verteilt mehrmals angewendet wird. Der Zeitaufwand dafür ist gering. Man kann damit beginnen öfter mal zehn Sekunden aus dem Fenster zu sehen, dann gelegentlich dreißig Sekunden lang die Augenmuskeln zu bewegen. Zudem wäre es gut ab und zu eine intensivere Augenübung von zwei Minuten auszuführen. Wer so über den Tag verteilt auf insgesamt sechs Minuten Augenentspannung kommt, merkt meist deutlich einen wohltuenden Effekt.

Es ist von Vorteil das Augentraining im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zu integrieren und Strukturen zu schaffen, die es den Mitarbeitern erleichtern, die Augenübungen kontinuierlich anzuwenden. Eine Trainerin, die ins Haus kommt, anregende Übungen im Intranet oder geschulte Mitarbeiter, die beispielsweise bei Meetings ein paar Augenübungen anleiten. Jedes Unternehmen kann hier den passende Modus für sich finden.

Augenübungen im digitalen Zeitalter

Als Computer noch vorwiegend ortsgebunden waren, gab es für die Augen mehr Bewegung. Im Bus oder der Straßenbahn schauten sie aus dem Fenster, im Café beobachteten sie die Umgebung, im Park schweiften sie vielleicht in eine Baumkrone oder in den Himmel. Es gab noch mehr Abwechslung, bei der sie sich von dem starren Blick zum Bildschirm erholen konnten.

Mit den mobilen Geräten schrumpfen diese Zeiträume allmählich auf ein ungeahntes Maß. Wenn die Augen fast nur noch auf Monitore und Displays schauen, steuern wir, was die Augengesundheit angeht auf eine arge Schieflage zu. Dann könnte es sein, dass Augenleiden statistisch gesehen die Rückenschmerzen einholen und bald mit ihnen zu den häufigsten Volkskrankheiten zählen. Regelmäßiges Augentraining bietet ein Gegengewicht, das die Augen entlastet und die Sehkraft schützt. Wir sollten uns dafür einsetzen, dass kurze Augenübungen selbstverständlich werden, wie zweimal täglich Zähneputzen.

Augentraining in der betrieblichen Gesundheitsförderung

In drei Schritten ist es möglich, das Augentraining in der betrieblichen Gesundheitsförderung zu etablieren:

  1.  Die Mitarbeiter mittels eine Schulung sensibilisieren. Dabei lernen sie das Augentraining kennen und erleben selbst, wie die Augenübungen wirken.
  2. Betriebliche Strukturen einrichten, die zu aktiven Pausen für die Augen einladen. Das erleichtert persönliche Hemmschwellen zu überwinden. Hier sind vor allem die Führungskräfte gefragt, ein Klima der Akzeptanz zu schaffen und mit gutem Beispiel voran zu gehen.
  3. Auf verschiedenen Wegen immer wieder neue Impulse setzen und an die Augenübungen erinnern. Das hilft eine breite Zahl von Mitarbeitern dort abzuholen und zu motivieren, wo sie am leichtesten erreichbar sind.

Über den Autor

Barbara Brugger

Barbara Brugger

Barbara Brugger ist als Augentrainerin und Fachkraft für Arbeitssicherheit auf die Augengesundheit und Ergonomie am Bildschirmarbeitsplatz spezialisiert. Sie führt Workshops, Vorträge und Augenspaziergänge im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung durch und ist Autorin von diversen Fachbüchern und Fachartikel zu gesundem Sehen am Computer.


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