Kapitulation im Papierkrieg: Zwei von fünf Firmen nutzen eigene Anleitungen nicht
In 39 Prozent der deutschen Unternehmen herrscht Papierkrieg: es wird aufwändig niedergeschrieben, wie Geschäftsprozesse ablaufen sollen, ohne dass diese Aufzeichnungen später benutzt werden. Grund sind Qualitätsprobleme der Dokumentation.
Im Rahmen einer Befragung von mehr als 250 Führungskräften bis hin zur CEO-Ebene gibt jeder dritte Teilnehmer an, dass die Abläufe unvollständig oder unverständlich beschrieben werden – sprich ein Papierkrieg sind. Dies zeigt die Studie „Unternehmenssteuerung 2016“ der Unternehmensberatung Kampmann, Berg&Partner.
Festgelegte, einheitlich umgesetzte Prozesse sind ein wesentlicher Faktor für gleichbleibende Arbeitsqualität. Um diese bei Teamarbeit oder in Vertretungs- sowie Einarbeitungssituationen zu gewährleisten, ist die Dokumentation von Geschäftsprozessen und Regelwerken ein wichtiges Hilfsmittel. In vielen Unternehmen verursacht die Dokumentation dabei erheblichen Zusatzaufwand: 38 Prozent der Befragten geben an, dass der Pflegeaufwand unverhältnismäßig hoch ist.
Papierkrieg aufgrund von Mangel an professionellen Dokumentationsstandards
„Grundsätzlich muss man zwei Hauptursachen für Schwächen in der Prozessdokumentation unterscheiden“, erläutert Dr. Torsten Lund, Managing Partner bei Kampmann, Berg & Partner. „Zunächst einmal mangelt es häufig an professionellen Dokumentationsstandards. Folge davon sind Unverständlichkeit für den Nutzer, schlechte Verfügbarkeit der Dokumentation sowie überbordende Detaillierung und’Regelungswut‘. Wenn darüber hinaus die beschriebenen Prozesse selbst noch überkompliziert sind, verschärft dies die Probleme in der Dokumentation zusätzlich.“ So geben beispielsweise 49 Prozent aller Befragten an, dass ihre Abstimmungswege unnötige Schleifen enthalten oder Abteilungen und Standorte mit einbeziehen, die für den konkreten Vorgang gar nicht benötigt werden.
Welchen Hebel die Dokumentation von Geschäftsprozessen und Regelwerken auf die Unternehmensperformance entfalten kann, verdeutlicht ein differenzierter Blick auf die leistungsstarken und leistungsschwachen Unternehmen. Vergleicht man die Antworten des am besten mit denen des am schlechtesten bewerteten Viertels, so zeigen sich erhebliche Unterschiede darin, welches Ansehen die Dokumentation im Unternehmen genießt: 85 Prozent der High-Performer nutzen ihre Dokumentationen im Alltagsgeschäft. Bei den Low-Performern sind es lediglich 26 Prozent.
High-Performer akzeptieren zudem den Erstellungsaufwand als notwendig und angemessen. Nur 15 Prozent sehen darin einen kritischen Faktor, im Gegensatz zu 81 Prozent am anderen Ende der Leistungsskala. Darüber hinaus beklagt nur jedes zehnte der ergebnisorientierten Unternehmen mangelnde Verständlichkeit oder Vollständigkeit, während rund zwei Drittel der weniger effizienten Firmen in diesen Bereichen mit Problemen kämpfen.
Auch bei der Beurteilung der Geschäftsprozesse selbst zeigt sich eine auffällige Diskrepanz. Bei den leistungsstarken Unternehmen geben nur 16 Prozent an, dass diese zu komplex sind. Im unteren Viertel sind 85 Prozent der Befragten dieser Ansicht.
„Stark ergebnisorientierte Unternehmen haben erkannt, dass die Dokumentation von Geschäftsprozessen und Regelwerken nicht lästige Pflicht und letztlich sinnloser Papierkrieg ist, sondern einen positiven Beitrag für das Alltagsgeschäft liefern sollte“, interpretiert Lund das Ergebnis. „So einfach wie möglich, so komplex wie nötig“ kann hierbei als ein Leitmotto dienen, sowohl für die Prozesse selbst als auch für die Prozessdokumentation.
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