Kauf von „Altadressen“ nach der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes – ist die Übergangsregelung des § 47 BDSG anwendbar?
Zum 1.9.2009 wurde das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) novelliert. Die Vorschriften hinsichtlich der Verwendung von Daten zu Werbezwecken wurden hierbei verschärft. Der Gesetzgeber hat in § 47 BDSG eine Übergangsregelung vorgesehen, nach der so genannte „Altadressen“ (also Adressen, die vor dem 1.9.2009 erhoben worden sind) bis zum 31.8.2012 den alten Regelungen des BDSG unterfallen. Der vorliegende Beitrag untersucht dabei die Frage, ob Unternehmen auch in den Genuss dieser Regelung kommen, wenn sie von Adresshändlern nach dem 1.9.2009 Daten kaufen, die erstmals vor dem 1.9.2009 bei den Betroffenen erhoben worden sind.
Was besagt § 47 BDSG?
§ 47 BDSG lautet in vollem Wortlaut:
„Für die Verarbeitung und Nutzung vor dem 1. September 2009 erhobener oder gespeicherter Daten ist § 28 in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden
1. für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung bis zum 31. August 2010,
2. für Zwecke der Werbung bis zum 31. August 2012.“
Erste Adresserhebung und Adresskauf nach dem 1.9.2009
Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist damit eindeutig, dass Daten, die nach dem 1.9.2009 erstmals erhoben (und nach dem 1.9.2009 von einem Adresshändler an einen Dritten verkauft) worden sind, direkt nach der neuen Gesetzeslage zu handhaben sind.
Erste Adresserhebung und Adresskauf vor dem 1.9.2009
Daten die vor dem 1.9.2009 erhoben (und vor dem 1.9.2009 von einem Adresshändler an einen Dritten verkauft) worden sind, können für die in der Vorschrift genannten Zwecke (Markt- oder Meinungsforschung und Werbung) bis zum Ablauf der Übergangsfristen nach der alten Gesetzeslage bewertet werden.
Trennung von Altdatenbeständen und Neudatenbeständen ist essentiell
Insofern ist unbedingt zur Trennung von Altdatenbeständen und Neudatenbeständen zu raten, damit die Vorteile der Übergangsregelung für die alten Daten noch voll ausgenützt werden können, was nach einer Vermischung der Datenbestände nicht mehr zulässig ist. Vielmehr unterfallen vermischte Datenbestände vollständig den schärferen Regelungen des novellierten BDSG.
Erste Adresserhebung vor dem 1.9.2009 und Adresskauf nach dem 1.9.2009: ebenfalls privilegiert?
Eine Frage die sich in der Praxis häufig stellt und aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht sofort beantworten lässt ist, ob die Übergangsregelung auch Anwendung findet, wenn Daten von einem Adresshändler bereits vor dem 1.9.2009 erstmals erhoben worden sind, aber erst nach dem 1.9.2009 an ein Unternehmen verkauft worden sind. Müssen diese Daten nach den Regelungen des neuen (und schärferen) BDSG verwendet werden oder unterfallen diese Daten ebenfalls der Privilegierung der Übergangsfrist in § 47 BDSG und ist das alte BDSG anwendbar?
Wirtschaftliche Interessen der Unternehmen müssen beachtet werden
Während für die Geltung der Übergangsvorschrift auch für diese Fälle grundsätzlich spricht, dass auch Adresshandelsunternehmen wirtschaftliche Interessen verfolgen, die im Hinblick auf die Einräumung einer Umsetzungsfrist durchaus schützenswert sind, spricht der Wortlaut gegen eine Geltung der Vorschrift auch für diese Fälle des Adresshandels.
Übermittlung der Daten ist Verarbeitung von Daten im Sinne von § 3 Abs. 4 BDSG
Zwar ist der Einkauf also insbesondere die Übermittlung von Daten gemäß § 3 Abs. 4 BDSG als Verarbeitung von Daten verstehen. Denn unter Verarbeitung versteht man nach dieser Norm das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen personenbezogener Daten. Auch wenn das BDSG nicht ganz klar die einzelnen Begriffe voneinander trennt, so wird die Übermittlung jedenfalls ausdrücklich genannt und ist insoweit tatbestandsmäßig.
Damit wäre die Vorschrift auch auf die Übermittlung von Daten anwendbar. Eine Übermittlung von Daten wäre also eine Verarbeitung, die im Rahmen des § 47 BDSG privilegiert wäre, soweit es sich um die Übermittlung von Altdaten handeln würde.
Jedoch können diese Daten nicht als „vor dem 1.9.2009 erhoben“ im Sinne des § 47 BDSG verstanden werden.
Übermittlung von Daten an Dritte führt immer zur erneuten Erhebung
Das Besondere an der Übermittlung von Daten ist, dass die Kehrseite einer Übermittlung immer der Empfang auf der anderen Seite ist. Wenn jemand Daten empfängt und sie dann abspeichert, liegt darin wiederum zugleich eine Erhebung von Daten auf Seiten des Empfängers, auf die im vorliegenden Fall abgestellt werden muss. Denn unter dem Erheben von Daten versteht man gemäß § 3 Abs. 3 BDSG „das Beschaffen von Daten über den Betroffenen“.
Form der Datenerhebung ist unerheblich
Unerheblich ist es, in welcher Form die Daten erhoben werden. Auch eine spätere Anonymisierung ändert nichts an dem ursprünglichen Erheben von Daten. Erforderlich ist lediglich ein zielgerichtetes Beschaffen der Daten. Ein Erheben liegt nur dann nicht vor, wenn es sich um zufällige Beobachtungen handelt oder Daten lediglich aufgrund von Auswertungen vorhandenen Datenmaterials zusammengestellt werden.
Nach dem 1.9.2009 übermittelte Daten sind nach dem 1.9.2009 erhobene Daten
Damit liegt in dem besprochenen Fall des Adresskaufs von „Altadressen“ nach dem 1.9.2009 gleichzeitig mit der Übermittlung der Adressdaten eine neue Erhebung beim Adresskäufer vor. Es ist damit tatbestandlich aus unserer Sicht nicht möglich, diesen Vorgang dem Übergangstatbestand des § 47 BDSG unterzuordnen. Denn Daten, die zwar möglicherweise vor dem 1.9.2009 erstmals von einer anderen Person erhoben wurden, werden nach der Übermittlung (nach dem 1.9.2009) nochmals erhoben, wenn sie der Adresskäufer erhält. Damit unterfallen personenbezogene Daten in allen Übermittlungsfällen nach dem 1.9.2009 dem BDSG in seiner novellierten Fassung. Die Übergangsvorschrift des § 47 BDSG findet in diesen Fällen also keine Anwendung.
Fazit
Neben der Empfehlung, die eigenen Datenbestände in Altdaten (vor dem 1.9.2009 erhobene Daten unterfallen bis zum 31.8.2012 hinsichtlich der Verwendung zu Werbezwecken dem alten BDSG) und Neudaten (für nach dem 1.9.2009 erhobene Daten gilt das strengere neue BDSG) zu trennen bleibt das Fazit, dass auch für die Daten, die von einem Adresshändler vor dem 1.9.2009 erstmals erhoben aber nach dem 1.9.2009 an ein Unternehmen zu Werbezwecken verkauft und übermittelt worden sind, aus unserer Sicht das strengere neue BDSG zur Anwendung kommt. Die privilegierende Übergangsregelung des § 47 BDSG kommt insoweit nicht zur Anwendung.
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