Die beste Kennzahl zur Messung der Unternehmensleistung
In der Welt des Managements müssen sich Unternehmer und Führungskräfte oft die Frage stellen, welche Finanzkennzahlen sich für die Messung der Unternehmensleistung am besten eignen. Dabei spielen insbesondere ökonomische Kennzahlen wie z. B. der Economic Profit eine wichtigere Rolle als buchhalterische Kennzahlen wie z. B. der Gewinn je Aktie.
In der realen Welt sind Manager einer wahren Flut von Ratschlägen zu der Frage ausgesetzt, welches die beste Kennzahl zur Messung der Unternehmensleistung ist:
- Aktienrendite (Total Return to Shareholders, TRS)
- Discounted Cash-Flow (DCF)
- Economic Profit
- Economic Value Added (EVA)
- Cashflow-Kapitalrendite (Cash Flow Return on Investment, CFROI)
- Return On Invested Capital (ROIC)
- Gewinn je Aktie
- Gewinnspanne und viele andere mehr
Unserer Meinung nach hat die Debatte darüber, welche dieser Kennzahlen sich für die Leistungsmessung am besten eignet, den Bezug zum eigentlichen Zweck solcher Kennzahlen verloren. Dieser Zweck besteht darin, Manager bei der Suche nach wertsteigernden Entscheidungen zu unterstützen und alle Mitarbeiter für das Ziel der Wertsteigerung zu gewinnen.
Versuche, Kennzahlen mit jeweils verschiedenen Zielen miteinander zu vergleichen, führen nur zu Verwirrung. Der Discounted Cash-Flow (DCF)-Ansatz und der Economic Profit etwa sind keine beliebig austauschbaren Alternativen. Der Discounted Cash-Flow (DCF)-Ansatz fasst die Leistung eines Unternehmens während eines bestimmten Zeitraums in einer Zahl zusammen und wird für die Strategieanalyse verwendet. Der Economic Profit hingegen ist ein kurzfristiger Finanzindikator.
Einige Kennzahlen sind tatsächlich besser als andere. Wir ziehen generell ökonomische Kennzahlen (wie z. B. Economic Profit) den buchhalterischen Kennzahlen (wie Gewinn je Aktie) mit folgender Begründung vor:
- Weil empirische Forschungsergebnisse darauf hindeuten, dass die Entwicklung der Aktienkurse nicht von Buchgewinnen, sondern vom Cashflow bestimmt wird.
- Weil es leichter ist, kurzfristige und langfristige Auswirkungen mittels ökonomischer Kennzahlen gegeneinander abzuwägen.
- Weil die Verwendung ökonomischer Kennzahlen ein besseres Verständnis der Wertursachen ermöglicht.
Aber den perfekten Leistungsmaßstab gibt es nicht. Daher verwenden wir ein Modell, das unterschiedliche Leistungsaspekte beschreibt, indem es mehrere Kennzahlen miteinander verknüpft. Dieses in folgender Abbildung dargestellte Modell zeigt, welche Kombination von Kennzahlen im Einzelfall hilfreich ist und wie sich die verschiedenen Kennzahlen zueinander verhalten.
Betrachten wir diese Abbildung von links nach rechts, stoßen wir zunächst auf die Aktienkursentwicklung als die letztlich relevanteste Kennzahl. Da es sich jedoch um eine Ergebnisgröße handelt, kann sie von Managern nicht für die Entscheidungsfindung herangezogen werden. Sie können allerdings Ziele für die Aktienkursentwicklung festlegen.
Die Aktienkursentwicklung muss an einen Maßstab des inneren Werts gekoppelt sein. Der innere Wert wird letztlich von der Fähigkeit des Unternehmens bestimmt, langfristig Cashflow zu erzeugen. Somit lässt sich der innere Wert anhand des diskontierten zukünftig erwarteten Cashflows (DCF) messen. Der auf diese Weise errechnete innere Wert kann für die Bewertung der Investitionsmöglichkeiten, der Strategie eines Geschäftsbereichs oder eines ganzen Unternehmens verwendet werden.
Die für die strategische Analyse höchst nützliche DCF-Methode kann für die Bewertung vergangener Leistungen jedoch nicht herangezogen werden, weil die Ergebnisse dieser Methode auf Prognosen beruhen. Ein weiterer Nachteil von DCF Werten ist, dass sie sich abstrakt schwer beurteilen lassen. Aber eine DCF-Bewertung kann mit wichtigen Finanzindikatoren verknüpft werden. Die bestimmenden finanziellen Einflussfaktoren des Cashflows und des DCF-Wertes sind Wachstum (des Umsatzes und des Gewinns) sowie die Kapitalrendite (in Bezug zu den Kapitalkosten eines Unternehmens).
Da kurzfristig orientierte Finanzkennzahlen Veränderungen der Wertentwicklung unter Umständen zu spät anzeigen, benötigen wir darüber hinaus auch operative und strategische Maßstäbe, die so genannten Werttreiber. Durch die Überwachung dieser Treiber kann man vermeiden, dass die langfristige Wertsteigerung kurzfristigen Finanzerfolgen geopfert wird. Zudem sind Werttreiber auch hilfreich bei der Ermittlung von Chancen zur Wertsteigerung und bei der Ausrichtung des Unternehmens auf entsprechende Prioritäten.
Allen in unserer obigen Abbildung dargestellten Messkategorien kommt im Hinblick auf die Entscheidungsfindung und die Leistungssteuerung im Unternehmen eine eigene Bedeutung zu:
- Die Unternehmensführung kann langfristige Wertentwicklungsziele festlegen; Wert hieße hier Marktwert des Unternehmens oder Aktienrendite.
- Alternative Strategien und Chancen sowie der Wert der Geschäftsbereiche oder des gesamten Unternehmens lassen sich mittels des inneren Wertes (DCF- oder Optionswert) bewerten.
- Vorgaben bezüglich des inneren Wertes lassen sich in kurz- und mittelfristige Finanzziele sowie Ziele für operative und strategische Werttreiber umsetzen.
- Der Vergleich von Ergebnissen und gesetzten Zielen sowohl für die Finanzindikatoren als auch für die wesentlichen Werttreiber gestattet eine Beurteilung der Unternehmensleistung. Vergütungen und sonstige Zuwendungen an Manager können an die realisierten Ergebnisse in beiden Messkategorien geknüpft werden.
Autor: Tom Copeland, McKinsey & Company – Unternehmenswert, ISBN: 3593368951
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