Change Management: Die 9 Entwicklungsstufen einer Branche
Unternehmensführung

Change Management: Die 9 Entwicklungsstufen einer Branche

christoph döhlemann
Am

Nichts ist im Wirtschaftsleben beständiger als die Veränderung. Unternehmen müssen sich ständig anpassen und neu erfinden, um am Markt zu überleben. Die 9 Stufen des Enneachron-Modells zeigt Maßnahmen, wie Sie die eigene Marktposition sichern und ausbauen.

In welche Branche man auch blickt, welche Unternehmen man beobachtet – alle mussten mehr oder weniger schmerzlich erfahren, dass eine Entwicklung nur durch Wandel erfolgreich verlaufen kann. Wer sich dieser Herausforderung stellt und entsprechende Schritte vollzogen hat, hat Wachstumsstufe um Wachstumsstufe erklommen, hat bewiesen, dass für Unternehmen – unabhängig von äußeren Umständen – Zukunft erfolgreich gestaltet werden kann.

Was steht Unternehmen unterschiedlichster Branchen in den nächsten Jahren bevor? Welche Anzeichen gibt es für Wachstum oder Konsolidierung? Wo geht die Reise hin? Welche Qualität bringen die nächsten Entwicklungsstufen und was müssen Unternehmen schon jetzt dabei beachten? Hierbei kann uns fernab von allen Umfrageprognosen ein Modell helfen, welches die grundsätzlichen Wachstums- bzw. Entwicklungsschritte einer Branche beschreibt: Das Enneachron.

Anhand der 9 Entwicklungsstufen können Unternehmen die Inhalte auf ihre Bedürfnisse anwenden und entsprechend der eigenen Entwicklungsstufe Maßnahmen einleiten, um ihre Marktposition zu festigen und auszubauen.

1. Stufe – Ordnung

Zu Beginn erhält jede Branche ihre Form, Ordnung und erste Struktur. Diese Phase ist von Erkenntnissen geprägt, die dazu dienen, die Leistung oder Produkte in eine konkrete Form zu bringen, die dann bewusst an die Kunden oder Konsumenten weitergegeben werden kann.

Beispiel: Am Anfang der EDV Branche wurde in der Industrie und am Markt um Standards und einheitliche Schnittstellen gekämpft bzw. in den Forschungslabors um die Wette geeifert.

2. Stufe – Die Leidenschaft, gebraucht zu werden

In dieser Stufe bringt jede Branche leidenschaftliche Unterstützer und Helfer zu Tage, die mit absoluter Überzeugung die noch neue Leistung oder die neuen Produkte in die Welt bringen. Hier wird mit Überzeugung und besonders persönlich für die Neuheiten geworben. Oft geschieht dies mit sehr großem Engagement. Es gibt viele Unternehmer und Vorreiter, die sich in den Anfangsstunden für eine neuartige Leistung entgegen allen Widerständen von außen durchsetzen.

Beispiel: Kennen wir nicht alle die EDV-Freaks, die Anfang der 90er in einer kleinen Hütte angefangen haben mit Begeisterung Rechner zusammenzubauen oder die ersten Hackversuche via Telefonmodem im „Internet“ zu starten? Natürlich gab es parallel dazu auch zu dieser Zeit schon die ersten größeren Geschäfte oder Ketten z.B. Vobis Computer.

3. Stufe – Der erfolgreiche Durchbruch, nach dem sich das Image ändert

Die Produkt- oder Leistungsvielfalt nimmt deutlich zu und entspringt aus den notwendig gemachten Erfahrungen der Stufen eins und zwei. Die Unternehmen der Branche reagieren besonders flexibel auf die Marktimpulse, alles wird möglich gemacht und zur Not neu erfunden. Gekennzeichnet ist diese Stufe auch häufig durch besondere Wachstumsraten, die meist im zweistelligen Bereich liegen. Der Markt ist offen für die Leistungen oder Produkte. Die Branche ist nun dadurch auch stark im öffentlichen Interesse und im Interesse von Investoren.

Beispiel: Das Wachstum der EDV hat sich in den 90ern jedes Jahr fast im zweistelligen Bereich bewegt. Handelsketten wie Vobis, PC Profi, PC Shop oder ähnliche gaben sich ein Wettrennen. Wesentlich war, dass die Verbraucher sich die Maschinen nun leisten wollten, weil der Preis im Verhältnis zum persönlichen Nutzen endlich auch angemessen erschien. Grund dafür waren die technologischen Neuerungen. Die Fachpresse verdoppelte sich in ihren Erscheinungen alle sechs Monate durch neue Hefte oder höhere Auflagen.

4. Stufe – Differenzierung im Widerstand

Ist die Branche hier angelangt, spürt sie das erste Mal eigene innere Widerstände. Der Trend, nämlich kontinuierliches Wachstum und Perspektiven, den sie aus den ersten drei Stufen gewohnt sind, verändert sich. So wie der Markt und die Flexibilität der Unternehmen meist die Entwicklung der Branche vorangetrieben haben, so sind es hier die eigene Disziplinlosigkeit und mangelnde Visionsfähigkeit, welche zumindest zu einer Stagnation in der Branche führen.

Wichtig sind hier selbstverantwortliche und besonders kompetente Mitarbeiter, steuerbare Leistungs- und Vertriebsprozesse und eine praktikable Möglichkeit, neues Know-how in die vorhandenen Leistungen zu integrieren.

Beispiel: In der EDV Branche kam es Ende der 90er und Anfang 2000 in den folgenden Jahren zu einem andauernden Tief. Also bereits vor den Terroranschlägen in einem Konjunkturhoch gab es den Einbruch. Betrachtet man in diesen Jahren die Entwicklung der EDV Filialisten, stellt man fest, dass diese sehr viel Federn lassen mussten und teilweise das Filialnetz um 50% reduzierten.

5. Stufe – Wissensverdichtung

Hier wird das Know-how in den Unternehmen der Branche weiter verdichtet, die in Stufe 4 getroffene Nutzenorientierung wird deutlicher und die Branche festigt ihren Platz durch Kompetenzgewinn. Leistungen und Produkte werden komplexer oder mit anderen Produkten oder Leistungen kombiniert. Diese Phase ist durch einen höheren Spezialisierungsgrad und eine deutliche Bereinigung am Markt charakterisiert. Möglicherweise werden hier auch z.B. neue interne Leistungen erzeugt, die einen Wettbewerbsvorteil zur Folge haben. Die Verzahnungen zu den Kunden werden dichter. Hier findet meist auch eine Konsolidierung des Personalbedarfs statt.

Beispiel: Seit ca. 2004 geht es mit der EDV Branche wieder bergauf, auch spricht man jetzt nicht mehr von der EDV- sondern von der IT-Branche. Hier hat sich also ein bewusster Imagewechsel vollzogen – auch die Produkt- und Leistungsvielfalt ist jetzt anders und differenzierter. Zum Beispiel ist die Unterscheidung zwischen Privat- und Businessanwender deutlicher, was erkennbar an vielen Produkten, wie jüngst bei vista® von microsoft®, wird.

6. Stufe – Pflichtbewusstes Vorangehen

Nach einer möglichen Stagnation oder Konsolidierung in Stufe 4 und 5 und den daraus gewonnen Einsichten bekommt die Branche meist einen Impuls vom Markt, der die Präsentation des Produktes oder der Leistung wieder in den gesellschaftlichen Mittelpunkt stellt. Jedoch hier anders als in Stufe 3.

In Stufe 6 nämlich besinnt man sich auch auf seine Tugenden und die daraus entstehenden Vorteile. Die Branche etabliert sich auf einem neuen, höheren Niveau als fester Partner. Hier gibt es wieder einen Trend nach oben in der Branche.

Beispiel: Die westliche Automobilindustrie hat sich nach den nur mäßigen 80er Jahren und den darauf erfolgten Produktwechsel (vom Fahrzeug zum „Komfortzeug“) auf ein neues Wachstum am Markt eingestellt. Dies hatte unter anderem auch drastische Auswirkungen auf die gesamte Zulieferindustrie, die mitunter von den neuen Fertigungsideen deutlich profitierte.

7. Stufe – Genussvolles Erleben

Die Branche ist nun bei den Marktanteilen ausgewogen verteilt und die Marktbereinigung aus Stufe 4 bis 6 ist abgeschlossen. Hier ist das Kräfteverhältnis im Markt klar. Die wichtigen Innovationen bei den Leistungen oder Produkten sind abgeschlossen und es geht hier im Wesentlichen um eine bewusste strategische Vertriebsarbeit in den Unternehmen. Anders als in den ersten Stufen, in denen sich der Markt so stark entwickelt hat, dass die Vertriebsergebnisse dadurch stark beeinflusst waren, gibt es in dieser Phase ein direktes und ausschließliches Feedback im Bezug auf die eigenen Vertriebsleistungen und die Qualität der Produkte oder Leistungen.

Beispiel: Die Telekommunikationsbranche befindet sich wohl derzeit am Ende dieser Phase, wobei die Veränderungen gerade in diesem Sektor rasend schnell voranschreiten. Hier wird sicherlich etwas strategischer und gezielter an die wichtigen Kooperationspartner am Markt heran gegangen. Die gesamten Vertriebsleistungen werden messbarer und interaktiver gestaltet sein.

8. Stufe – Das Kräftemessen

Nach den genussvollen Tagen aus der Stufe 7 erlebt man in der Stufe 8 ein hartes Kräftemessen der Starken am Markt. In der Branche wird um absolute Vorherrschaft gekämpft und somit ist die Stufe 8 auch die letzte Ereignisstufe, bevor in Stufe 9 aufgrund des Kräftemessens entweder eine Absplitterung und somit möglicherweise eine neue Branche oder Unterbranche entsteht oder es aufgrund von innovativen Ideen zu besonderen Nischenbildungen in der Branche kommt.

Der Spezialisierungsgrad oder die Produkt- und Leistungsvielfalt wird nochmals höher. Wie solide ein Unternehmen jetzt am Markt steht, von der Kundenstruktur bis zur Bilanz, wird für den Wettbewerb an dieser Stelle entscheidend sein.

Beispiel: Die Lebensmittelindustrie hat diese Stufe bereits erreicht und mehrmals durchlebt. Hier gibt es mittlerweile eine starke, sogar internationale Verdichtung weniger größerer Gruppen. So ist erst wieder kürzlich ein großer deutscher Nudelfabrikant von einer spanischen Investorgruppe aufgekauft worden. Oder in der Pharmaindustrie erleben wir ja immer wieder, dass sich gigantische Fusionen im Hintergrund abspielen.

9. Stufe – Die Vollendung und der Neubeginn

Hier wird wie oben beschrieben der Übergang in eine neue „Runde“ der neun Stufen vorbereitet. Die Branche hat vielleicht neueste Errungenschaften, die eine komplette Neuausrichtung der Produkte oder Leistungen erlauben, oder es werden Serviceketten und Zusatzleistungen auf einem völlig neuen Niveau mit integriert. Die Stufe neun ist also das Ende eines Entwicklungszyklus und zugleich der Beginn eines neuen.

In welchen zeitlichen Abschnitten diese Veränderungen passieren, bleibt spannend. Die Signale, die vom Markt kommen, werden jedoch eindeutig sein und bieten die Möglichkeit für Unternehmen, sich rechtzeitig zu verändern und zu positionieren. Rechtzeitig heißt auch, den Zeitgeist zu erkennen und das dort Machbare umzusetzen, sicherlich auch unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Situation. Unternehmen, die jetzt schon Methoden integrieren, die erst in einer späteren Stufe gefragt sind, werden genauso bestraft wie Unternehmen, die es versäumen, auf Veränderungen rechtzeitig zu reagieren.

Über den Autor

christoph döhlemann

Christoph Döhlemann Christoph Döhlemann ist Unternehmer und Initiator des QUANT-Modells®. Seit 1996 begleitet er als Trainer, Berater und Coach Unternehmer und Führungskräfte dabei, sich von innen heraus zu stärken, und so den Herausforderungen der Zukunft kraftvoll zu begegnen. Für ihn kann Management leicht, beschwingt, freudvoll und souverän sein. www.doehlemann.de
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Kommentare

  1. von Serif Kaya am 25.01.2018 | 16:36

    wunderbarer Beitrag ! und eine freundliche Hilfe bei der Positionsbestimmung…. vor lauter „Cloud“ sieht mann die Sonne nicht mehr ! Aber was ist das 9 Stufen des Enneachron-Modell ?

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