Die Hebel zur Steigerung der Vertriebseffizienz
Wie lässt sich die Vertriebseffizienz erhöhen? Diese Frage stellen sich viele Hersteller von Industrie- und Investitionsgütern, denn ihre Kunden sind aufgrund der unsicheren Konjunkturlage mit Neuanschaffungen oft zögerlich.
Wie entwickelt sich die konjunkturelle Lage? Auf diese Frage haben viele Unternehmen aktuell keine Antwort parat. Deshalb halten sie sich mit Investitionen zurück. Das spüren zum Beispiel viele Hersteller von Industriegütern seit Monaten an ihren Auftragseingängen. Also halten auch sie sich mit Anschaffungen zurück, was die Situation verschärft.
Für viele im B2B-Bereich tätige Unternehmen sind die Chancen auf ein signifikantes Wachstum aktuell eher klein. Deshalb stehen bei ihren Planungen Rendite-Betrachtungen im Vordergrund. Das heißt, sie wollen entweder mit dem bisherigen finanziellen Aufwand zusätzlichen Ertrag erwirtschaften oder aufgrund wegbrechender Erträge den Aufwand reduzieren. Effizienzsteigerung lautet aktuell ihre Maxime im Vertrieb.
Drei Bereiche zur Steigerung der Vertriebseffizienz
Beim Steigern der Vertriebseffizienz lassen sich drei Bereiche unterscheiden, bei denen die Hersteller von Industrie- und Investitionsgütern den Hebel ansetzen können:
- Vertriebsinnendienst
- Kundendienst
- Vertriebsaußendienst
Und wenn es darum geht, die Effizienz dort zu erhöhen? Dann stehen ihnen erneut drei Hebel zur Verfügung, um dieses zu erreichen:
- Menschen,
- Prozesse
- Verkaufsunterstützenden Tools wie moderne CRM-Systeme und Angebotsmanagement-Konzepte.
1. Vertriebseffizienz im Innendienst steigern
Die Vertriebsinnendienst-Mitarbeiter vieler Hersteller von Investitionsgütern verstehen sich – im Gegensatz zu den Außendienstmitarbeitern – kaum als Verkäufer. Ihre Mentalität entspricht der von Verwaltern, die die eingehenden Aufträge und Kundenanfragen verbuchen und der Reihe nach abarbeiten. Entsprechend reaktiv ist ihr Verhalten bei Kundenanfragen – per Telefon oder Mail. Sie erkunden nur selten: Welches weitere Potenzial hat der (potenzielle) Kunde? Und: Welche Chance haben wir, den Auftrag zu erlangen? Dabei wäre dies nötig, um die Angebotshitrate zu erhöhen.
Angenommen ein Unternehmen interessiert sich für eine Pumpe. Dann fragt ein fitter Verkäufer im Innendienst eines Komplettanbieters nach, welche Armaturen zudem benötigt werden und ob die Pumpe beispielsweise mit einer Drehzahlregelung zur Reduzierung der Energie- und Verschleißkosten und zum Erhöhen des Wirkungsgrads und der Verfügbarkeit ausgerüstet werden soll. Außerdem fragt er, wie das Instandhaltungskonzept des Kunden aussieht und welche Servicedienstleistungen von Interesse sind. Das heißt, er nutzt alle Möglichkeiten des Zusatzverkaufs und Cross Selling. Zudem erfragt er die Auftragschancen und den Entscheidungsprozess, um seinen Kollegen im Außendienst die (Neukunden-)Akquise zu erleichtern.
Dieses Nach- und Erfragen erfolgt in der Praxis oft nicht, deshalb können die Innendienstmitarbeiter häufig weder einschätzen, welches Potenzial ein Interessent hat, noch welche Auftragschance ihr Unternehmen hat. Unklar ist ihnen auch, welche Faktoren für seine Kaufentscheidung ausschlaggebend sind. Folglich können sie ihre Angebote auch nicht so formulieren, dass der Kunde mit einer hohen Wahrscheinlichkeit kauft.
Ein professionelles Angebotsmanagement setzt voraus, dass die Anfragen qualifiziert werden. Das heißt, die Vertriebsmitarbeiter müssen wissen, bei welchen Anfragen sich ein Engagement lohnt – aufgrund des Potenzials des Kunden und der Auftragschance. Wissen sie dies nicht, investieren sie viel Zeit in Anfragen, bei denen keine realistische Auftragschance besteht. Die Folge: Für eine konsequente Angebotsnachverfolgung bei den erfolgversprechenden Kunden haben sie kaum Zeit.
Oft ist die Angebotshitrate auch schlecht, weil nicht durchdacht ist: Ob, wann, wie und durch wen werden die Angebote nachgefasst? Definierte Standards und ausgereifte Wiedervorlage- sowie Offer-Tracking-Systeme fehlen oder werden nicht professionell genutzt. Dasselbe gilt für solche simplen Verkaufstools wie Muster für Nachfassbriefe und Checklisten für entsprechende Telefonate. Auch sie fehlen oft oder sind nicht auf dem neuesten Stand.
2. Vertriebseffizienz im beim Kundendienst erhöhen
Viele Hersteller von Investitionsgütern nutzen zu wenig die verkaufsunterstützenden Möglichkeiten des Kundendienstes zum Steigern der Vertriebseffizienz. Die Kundendienst-Mitarbeiter haben folgende Vorteile gegenüber den Mitarbeitern im Vertriebsinnen- und -außendienst:
- Sie werden von den Kunden primär als Techniker und nicht als Verkäufer gesehen. Deshalb begegnen sie deren Empfehlungen mit weniger Vorbehalten.
- Sie gehen oft in Bereichen der Unternehmen, wie der Fertigung, ein und aus, zu denen die Vertriebsmitarbeiter selten Zutritt haben. Und:
- Sie kommunizieren bei ihrer Arbeit mit den Mitarbeitern der Kunden auf der Shopfloor-Ebene. Deshalb erfahren sie unmittelbarer als die Vertriebsmitarbeiter, wo es im Betriebsalltag klemmt und brennt.
Deshalb können sie Kunden zum Beispiel zu Ersatzinvestitionen animieren: „Ich komme ja gerne zu Ihnen zum Reparieren. Aber wirtschaftlich sind die häufigen Reparaturen und damit verbundenen Produktionsausfälle nicht. Ich empfehle Ihnen, ….“ Dasselbe gilt für Erweiterungsinvestitionen, wenn Kundendienst-Mitarbeiter sehen, dass ein Kunde am Limit arbeitet. Dann können sie ihm den Kauf einer weiteren oder leistungsstärkeren Maschine empfehlen und ein entsprechendes Signal an den Verkaufsinnen- und -außendienst senden.
Ähnlich verhält es sich bei Neuinvestitionen. Oft bekommen es die Kundendienst-Mitarbeiter als erste mit, wenn ein Kunde zum Beispiel mit neuen Werkstoffen oder Verfahren experimentiert oder eine neue Produktlinie plant. Auch dann können sie als Ohr am Markt nicht nur eruieren, was der Kunde konkret plant und wo es bei ihm noch hakt. Sie können an den Vertrieb auch ein Signal senden, welcher Bedarf bei dem Kunden vermutlich entsteht und wo somit eine Vertriebschance besteht.
Meist sind die Kundendienst-Mitarbeiter für diese vertriebsunterstützende Funktion weder ausreichend sensibilisiert, noch geschult und motiviert. Außerdem gibt es zu wenig Foren und Kanäle für die Kommunikation der Kundendienst- und Vertriebsmitarbeiter. Deshalb werden vertriebsrelevante Informationen nicht oder unzureichend an die Vertriebsmitarbeiter weitergegeben.
Beim Vertrieb von Wartungsverträgen spielt der Kundendienst eine ähnliche Schlüsselrolle. Denn empfiehlt der Vertrieb den Abschluss eines solchen Vertrags, dann sehen die Entscheider in den Betrieben meist nur die Fixkosten, die hierdurch entstehen. Anders ist es, wenn ein Kundendienst-Mitarbeiter bereits zum dritten oder vierten Mal wegen eines Defekts beim Kunden ist. Sagt er „Meint ihr nicht auch, es wäre besser, einen Wartungsvertrag abzuschließen statt immer wieder panisch anzurufen, wenn eure Maschine stillsteht?“, stößt er bei den Verantwortlichen auf mehr Resonanz, als wenn derselbe Impuls von einem Verkäufer ausgeht.
Leider kennen die Kundendienst-Mitarbeiter die Service-Pakete, die ihr Arbeitgeber für seine Kunden geschnürt hat, oft nicht. Und schon gar nicht haben sie entsprechendes Infomaterial oder gar unterschriftsreife Verträge parat. Also können sie die Service-Pakete den Kunden auch nicht präsentieren (und verkaufen).
Auch beim Verkauf von Zubehör spielt der Kundendienst eine wichtige Rolle. Bietet der Vertrieb bei Anfragen optional noch Zubehör wie Zuführungen oder Drehzahlregler an, dann streicht der Kunde diese Optionen oft aus der Bestellliste, um die Kosten zu senken. Anders ist es, wenn ein Kundendienst-Mitarbeiter bei der Montage oder beim Warten der Maschine sagt „Ich empfehle euch, noch eine Drehzahlregelung einzubauen. Dann habt ihr weniger Verschleiß und geringere Ersatzteilkosten.“ Dann denken die Verantwortlichen meist ernsthaft über die Empfehlung nach – denn sie kam nicht von einem Verkäufer, sondern von einem Mann aus der Praxis.
3. Vertriebseffizienz im Außendienst steigern
Kundenbesuche sind teuer – auch wegen der damit verbundenen Reisezeiten und -kosten. Entsprechend professionell sollten Außendienst-Mitarbeiter ihre Besuche planen. Das ist häufig nicht der Fall. Man stellt zum Beispiel immer wieder fest, dass Außendienst-Mitarbeiter regelmäßig Stammkunden besuchen, um Kleinaufträge abzuholen statt darauf hinzuarbeiten, mit ausgewählten Kunden Abrufaufträge oder Rahmenvereinbarungen abzuschließen.
Ein weiterer Effizienzkiller: Die Außendienst-Mitarbeiter haben beim Planen ihrer Aktivitäten zwar das Potenzial eines Noch-nicht-Kunden vor Augen, jedoch nicht die Chance den Auftrag zu erlangen. Deshalb verschwenden sie oft Zeit mit Kunden, bei denen sich ein Engagement im betriebenen Umfang nicht lohnt – zum Beispiel, weil sie langfristig vertraglich an andere Lieferanten gebunden sind. Und bei der Akquisition von Wettbewerberkunden? Hierbei verfolgen sie oft solch unrealistische Ziele wie kurzfristig First-Tier bei dem Unternehmen zu werden. Realistischer und effektiver wäre es, darauf hinzuarbeiten, bei dem Wettbewerberkunden zunächst Zweit- oder Dritt-Lieferant zu werden – dann hätte das Unternehmen zumindest einen Fuß bei dem Noch-nicht-Kunden in der Tür. Bezogen auf das taktisch, strategisch und psychologisch richtige Vorgehen, beim Versuch Wettbewerber zu verdrängen, sollten die Vertriebsteams der Investitions- und Industriegüterhersteller regelmäßig geschult werden. Denn nur dann können sie in der Champions-League spielen.
Trainiert werden sollten die Außendienstmitarbeiter auch bezüglich einer besseren Potenzialausschöpfung bei Kunden – zum Beispiel durch eine Erhöhung des Lieferanteils oder ein Cross-Selling in andere Bereiche. Häufig stellen sich Unternehmen zwar die Frage „Wie kommen wir an neue Kunden?“. Weniger konsequent fragen sie sich jedoch: „Welche anderen Bereiche oder Werke unserer Kunden x oder welche Töchter des Konzern y, die wir bereits als Kunden haben, könnten ebenfalls unsere Lösungen gebrauchen?“ Dabei wäre hier die Auftragschance oft höher als bei Unternehmen, mit denen die Anbieter noch keinerlei Geschäftsbeziehung haben.
Keine voreiligen Rabatte geben
Ein Dauerbrenner beim Steigern der Vertriebseffizienz ist das Thema Preise. Viele Anbieter neigen dazu, in wirtschaftlich flauen Zeiten nachlässig beim Durchsetzen ihrer Preise zu sein. Und ihre Vertriebsmitarbeiter? Sie gewähren den Kunden häufig vorschnell Rabatte – unter anderem, weil ihnen nicht bewusst ist, wie stark schon kleine Preisnachlässe oft den Gewinn und Ertrag eines Unternehmens schmälern.
Angenommen die Gewinnmarge eines Unternehmens beträgt 10 Prozent bei einem jährlichen Umsatz von 10 Millionen Euro. Dann sinkt bei einem Preisnachlass von zwei Prozent der Gewinn von 1 Million auf 800.000 Euro – also um 20 Prozent. Um die verlorenen 200.000 Euro Gewinn wieder zu erwirtschaften, müsste bei einer Gewinnmarge von 10 Prozent ein zusätzlicher Umsatz von 2 Millionen Euro erzielt werden. Dies würde eine Umsatzsteigerung von 25 Prozent bedeuten.
Diese Steigerung zu erzielen, ist in wirtschaftlich flauen Zeiten schwieriger als aufgrund einer professionellen Preisverhandlungstaktik verbunden mit einer sauberen Kosten-Nutzen-Argumentation besagte Preisnachlässe nicht zu gewähren. Deshalb sollten Verkäufer gerade in wirtschaftlich mauen Zeiten zum Thema Preisverhandlungen geschult werden. Sonst knicken sie bei Verhandlungen schnell ein. Und die Effizienzsteigerungen, die aufgrund eines verkaufsoffensiven Innendiensts, eines konsequenten Angebotsmanagements und einer stärkeren Nutzung des Kundendiensts als Ohr am Markt erzielt wurden? Sie sind sozusagen „für die Katz‘“, weil sie in den Preisverhandlungen wieder verschenkt werden.
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