Der richtige Umgang von Führungskräften mit Macht
Führung bedeutet Macht: Macht über das Wohlergehen anderer, Macht über den Erfolg des Unternehmens, die Macht, Entscheidungen zu treffen und Dinge zu gestalten. Doch vielen Führungskräften fällt der Umgang mit der ihnen verliehenen Macht sehr schwer.
Sie scheuen sich, ihre Machtbefugnisse offensiv anzuwenden. Oder sie schießen weit über die ihnen gesetzten Ziele hinaus, indem sie ihren Machtspielraum zum eigenen Vorteil und zum Schaden anderer ausnutzen. Die große Mehrheit der Führungskräfte ist allerdings eher unsicher – unsicher, wo und wie es angemessen ist, Macht zu zeigen.
Dabei ist das gekonnte „Spiel“ mit der Macht ungemein wichtig für den Erfolg eines Unternehmens. Denn in Führungspositionen ist es nötig, schnell und entschlossen zu handeln und instinktsicher die richtigen Entscheidungen zu treffen, zum Nutzen und zum Wohl der Allgemeinheit. Wer Angst vor der Macht hat, wer zögert und zaudert, handelt meist zu spät oder falsch. Wer eigennützig handelt und sich über andere stellt, dessen Macht ist brüchig. Nur wer das Vertrauen anderer gewinnt, kann wirklich Einfluss auf sie erlangen und die positive Wirkung seiner Macht entfalten, indem er andere als Verbündete für seine Ideen und Ziele gewinnt.
Die Macht nutzen, um Nutzen zu bringen
Manager haben Macht – das liegt in der Natur der Sache. Doch immer mehr könnte der aufmerksame Beobachter auf den Gedanken kommen, dass für den Erhalt der Macht ganz im Sinne des florentinischen Denkers und Machtstrategen Niccolo Machiavelli der „Zweck die Mittel heiligt“. So wie in der TV-Serie Stromberg: Das ist jener gleichnamige fiese Chef, dem jedes Mittel recht ist, um seine Macht zu zementieren. Dafür lügt der „Westentaschen-Machiavelli“, intrigiert, schikaniert und schleimt, frei nach dem Motto: „Büro ist Krieg“.
Mobbing ist in vielen Firmen keine Gemeinheit oder Unsitte, die es zu bekämpfen gilt, sondern ein legitimes Mittel zum Beseitigen der Konkurrenz, zum puren Machterhalt. Bemerkenswert dabei ist, dass sich immer mehr Führungskräfte als Täter „profilieren“. Denn noch immer gilt in vielen Unternehmen die Eigenart, auf Basis der verliehenen Macht andere Menschen zu drangsalieren, als Merkmal kühl kalkulierender Management-Begabung.
Macht kann auch einsam machen
Als Inbegriff einer Staatskunst, die das rücksichtslose Durchsetzen von Interessen auf ihre Fahnen geschrieben hat, gilt der Machiavellismus. Nach der Lehre von Niccolo Machiavelli stehen Macht und Ruhm weit über Gerechtigkeit. Es geht in erster Linie darum, die Macht um jeden Preis zu sichern. „Oft muss der Fürst, um seine Stellung zu behaupten, gegen Barmherzigkeit, Menschlichkeit und Religion verstoßen“, schrieb er in seinem berühmt-berüchtigten Standardwerk “ll Principe“ (der Fürst). „Daher muss er ein Gemüt besitzen, das sich nach den Winden und dem wechselnden Glück zu winden vermag.“
Harte Worte – doch dem florentinischen Staatstheoretiker ging es niemals um die Macht als Selbstzweck, wie sie heute gern von modernen Top-Managern gebraucht wird. Machiavelli hatte vor allem ein Interesse am Machterhalt zur Förderung des Gemeinwohls. Intrigen, Gewalt und kühle Kalkulation waren für ihn legitime Mittel, um Feinde in Schach und die Staatsraison aufrecht zu halten.
Wertschätzung und Respekt für andere Menschen spielten allerdings nur eine untergeordnete Rolle, wenn es darum ging, sich von allem zu trennen, was den Erhalt der Macht gefährden könnte. Und das sind in erster Linie andere Menschen, die selbst an die Macht wollen.
Macht, im machiavellistischen Sinne, ist ein bedrohter Schatz, den es zu verteidigen gilt. Das geht nicht mit sanften Mitteln der Kampf um die Macht ist nach Machiavelli nur zu gewinnen, wenn die Konkurrenz ausgeschaltet und die Position mit Intrigen und anderen trickreichen Mechanismen abgesichert wird.
Bis heute wird im Denken vieler Menschen der Begriff „Macht“ in einen unmittelbaren Zusammenhang gebracht mit Assoziationen wie Missbrauch, Unterdrückung oder Aggressivität. Ein als „Machtmensch“ identifizierter Zeitgenosse wird eher argwöhnisch beäugt oder ängstlich abgelehnt als bewundert. Macht macht auch einsam.
Dabei hatte Machiavelli durchaus sinnvolle Strategien für Machtinhaber parat, die auch heute noch Gültigkeit haben. So könnten viele Unternehmen zum Beispiel Kosten einsparen und Verluste vermeiden, wenn sie sich an die Regel Machiavellis hielten, sich auf seine Stärken zu besinnen oder nichts allzu Wertvolles aufs Spiel zu setzen: „Wenn du stark bist, dann beginne die Schlacht dort, wo du stark bist; wenn nicht, beginne dort, wo du die Niederlage am besten verschmerzen kannst.“
Angst lähmt Leistung
In seinem Buch „Was hätte Machiavelli getan?“ hat der amerikanische Kolumnist Stanley Bing auf sarkastische Weise einige Boshaftigkeiten für Manager gesammelt und rät Machtmenschen im Chefsessel etwa, „Feindschaften aufs Herzlichste“ zu pflegen: „Ja, ein großer Feind ist eine Kostbarkeit, muss gehegt und gepflegt werden, ganz wie ein Freund.“ Von dieser Lockerheit im fiesen Tun ist in der Realität allerdings oft nichts zu spüren – im Gegenteil: Despoten schüchtern Mitarbeiter mit heiligem Ernst ein, in den Firmen herrscht ein Klima auf Gefrierschrank- Temperatur, Angst lähmt Leistung.
Der Macht-Faktor in der Erfolgsphilosophie
- Nutzen Sie Ihre Macht und machen Sie etwas daraus. Nehmen Sie Einfluss, lassen Sie Ihre Ideen in Ihre Mitmenschen einfließen. Allein kann heute niemand mehr Großes bewirken.
- Wer sich auf die Macht der Position beruft, kann nicht mit engagierten Mitarbeitern rechnen. Vielmehr entsteht eine Atmosphäre der Unsicherheit – zündende Ideen können in einem solchen Arbeitsklima nicht entstehen. Die Angst geht um.
- Ebenso wie beim Geld kommt es bei der Macht darauf an, was der Einzelne damit tut.
- Eine Persönlichkeit besitzt immer auch Macht.
- Jeder Mensch hat Macht, ob er das will oder nicht, ob er sie nutzt oder nicht. Macht über den Partner, den Schwächeren, den Abhängigen …
- Das Gegenteil von Macht ist Ohnmacht, also ohne Macht zu sein. Das ist wohl das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann. Dann bestimmen andere über das Leben.
- Anstelle von Macht verwende ich lieber das Wort „Einfluss“. Jeder sollte seinen Einfluss geltend machen, um Dinge zu verändern und voranzutreiben.
- Eine Führungspersönlichkeit wird als natürliche Autorität anerkannt. Alle wollen so sein wie sie. Deshalb ist ein solches Team hoch motiviert. Hier sind Verstand und Emotionen im Einsatz.
- Die Geschichte hat bewiesen, dass Herrscher, die willkürlich ihre Untergebenen tyrannisieren, sich meist nicht lange halten.
Oder – fast noch schlimmer – man begegnet im Unternehmensalltag Führungskräften, die unsicher sind und ständig ihre Machtbefugnisse hinterfragen. Entsprechend unberechenbar setzen sie ihre Macht ein: Mal schlagen sie mit dem „Dampfhammer“ zu, wenn eigentlich Geduld angebracht wäre, dann reagieren sie – etwa auf das Fehlverhalten eines Mitarbeiters – überhaupt nicht, während alle darauf warten, dass der Chef das Treiben mit einem „Machtwort“ beendet.
Ein eindeutiger Führungsstil ist nicht erkennbar. Und keine Führungskraft ist wirklich glaubwürdig, wenn sie sich gebärdet, als hätte sie keine Macht oder als sei sie unabhängig von der Unterstützung ihrer Mitarbeiter.
Macht ist eine brüchige Leihgabe, wenn die Mächtigen es nicht verstehen, ihre Umgebung für sich einzunehmen. Wer führt, hat Macht – doch wer es nicht versteht, diese Macht verantwortlich einzusetzen, wird keine „Mitstreiter“ für seine Ziele finden. Nur Diktatoren und Despoten in totalitären Systemen können es sich noch erlauben, Menschen zu unterjochen. Moderne Führungskräfte müssen die Herzen der Menschen gewinnen, um sie auf ihre Seite zu ziehen. Die Achtung vor der Würde anderer ist dafür Voraussetzung. Und: Führungskräfte haben die Pflicht und die Verantwortung, ihre Machtposition dazu zu benutzen, Nutzen zu bringen.
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